#WIRFÜRBIO - Neue Wege in der Abfallwirtschaft - Ein erfolgreiches Klimaschutzkonzept macht deutschlandweit Schule

v.l.n.r. Eric Adelt (IP Adelt GmbH), Sabine Schoner (Kultur Räume Gütersloh), Dr. Jan-Dirk Verwey Foto: Sarah Jonek
27. Februar 2023
Beresa

#WIRFÜRBIO – Neue Wege in der Abfallwirtschaft

Ein erfolgreiches Klimaschutzkonzept macht deutschlandweit Schule

(Bielefeld, 27.02.2023) Netzwerk ist alles. Ohne den Deutschen Marketing Tag in Frankfurt wäre Dr. Jan-Dirk Verwey sicherlich nicht an diesem Abend in Bielefeld zu Gast gewesen. Aber Vorständin und Programmplanerin Sabine Schoner ist es gelungen, den geschäftsführenden Direktor der Entsorgungsbetriebe Lübeck exklusiv für einen Vortrag in Bielefeld zu gewinnen, der im ebenfalls exklusiven Ambiente bei Beresa stattfand.

 

Eric Adelt, MC-Vorstandsmitglied, übernahm die Vorstellung und verwies auf den interessanten Berufsweg des Referenten: von der internationalen Rohstoffwirtschaft über eine Tätigkeit  im Investmentbanking bei einer europäischen Großbank bis zur Leitung der Entsorgungsbetriebe Lübeck (EBL). Mit #wirfuerbio beschreitet die Abfallwirtschaft neue Wege. Die Kampagne hat das Ziel, die Bürger*innen dafür zu sensibilisieren, dass ihr Biomüll eine Grundlage für wertvolle Ressourcen ist. Und dieser Bioabfall wird durch Kunststoffe verunreinigt. Deshalb: Kein Plastik in die Biotonne!

Bei der Jahrestagung des DMV im November 2022 belegte die Kampagne in der Kategorie „Best of DMV“ den zweiten Platz für ausgezeichnetes regionales Marketing. „Wie sind Sieger der Herzen“, scherzte Dr. Jan-Dirk Verwey zu Beginn seines spannenden Vortrags und präsentierte zunächst Daten und Fakten: Das Abfallaufkommen im Jahr beträgt in Deutschland 410 Millionen Tonnen, davon entfallen 52 Millionen Tonnen auf Siedlungsmüll. Etwa die Hälfte des jährlichen Müllaufkommens machen Bau- und Abbruchabfälle aus. Jeder Einwohner Deutschlands produziert durchschnittlich 73 kg Kunststoffmüll im Jahr. Etwa ein Drittel davon geht in die stoffliche Verwertung als Recyclate, der Rest wird verbrannt. Die stoffliche Verwertung ist keinesfalls zu verwechseln mit einer Kreislaufwirtschaft. Ganz anders verhält sich das beim Biomüll, wie er von den Entsorgungsbetrieben Lübeck behandelt wird. Der Bioabfall wird zu Bio-Kompost oder Bio-Energie aufbereitet – das ist fast ideal, wenn da nicht der Kunststoff wäre ...

 

Crossmedial gegen Plastik in der Tonne

 

Die Initialzündung zur Kampagne gab ein Landwirt, der in einem Marmeladenglas Kompost voller Plastikschnippsel zu Demonstrationszwecken gesammelt hatte. „Da war der Handlungsdruck für uns als Unternehmen groß“, erinnert sich Dr. Jan-Dirk Verwey, „denn durch die Verunreinigung des Komposts wäre uns ein wichtiges Produkt wegbrechen.“ Zusammen mit sechs anderen norddeutschen Unternehmen der Abfallwirtschaft machten sich die EBL 2017 auf den Weg und initiierten die Kampagne KEIN PLASTIK IN BIOTONNE! Ziel war es diese Botschaft möglichst breit zu streuen, um das Verhalten der Bürger*innen zu ändern. Die Kampagne nutzte klassische Printmedien wie Plakate, Flyer und Aufkleber sowie ein crossmediales Konzept, das neben Facebook auch Kinospots und Aktionen im öffentlichen Raum integrierte.

Mitarbeitende der EBL wurden bezahlt, die Biotonnen vor den Haustüren zu kontrollieren. Für sortenreinen Biomüll gab es einen grünen Anhänger für die Tonne, für durch Plastik oder anderen Müll, der nicht in die Biotonne gehört, gab es – in Anlehnung an den Fußball – gelbe oder rote Tonnenanhänger. „Wir haben nur wenige rote Karten verteilt, weil wir auf  eine positiven Effekt des Belohnungssystems setzten“, berichtet der Direktor der EBL. Die Aktion kam so gut an, dass sogar Bürger fragten, wann wieder kontrolliert werde, weil sie auch gern eine grüne Karte hätten. Belohnung funktioniert also besser als Bestrafung. Vielen Bürger*innen war nicht bewusst, dass auch sogenannte „kompostierbare Plastiktüten“ nicht in den Biomüll gehören. Denn auch diese dürfen einen Anteil Erdöl enthalten, der aber grundsätzlich biologisch abbaubar sein muss. Innerhalb des Produktionsprozesses der Anlagen der EBL werden allerdings auch kompostierbare Beutel nicht sicher vollständig biologisch abgebaut. Die Zersetzungszeit dieser Tüten funktioniert nur unter Laborbedingen, aber nicht in der Praxis.

 

Bananenschalen beleuchten Lübeck

 

Für die Kampagne setzten die Initiatoren auch auf Guerilla Marketing. In Fußgängerzonen wurde richtig sauberer, aber auch richtig verschmutzter Kompost gezeigt. Und es wurden Papierbeutel in Supermärkten verteilt. Außerdem richtet sich #wirfuerbio mit eine Spiele-App gezielt an Kinder. Waschbär Leo begleitet die Kids durch das Sortierspiel, bei dem der Müll der richtigen Tonne zugeordnet werden wird.

Insgesamt kam die Botschaft „Dein Müll ist ein wichtiger Rohstoff“ deutlich rüber. Und auch, welchen Beitrag dieser zum Klimaschutz leistet. Aus Bio-Müll wird in Lübeck Bio-Energie. Der Biostrom stammt also direkt aus den Biotonnen Lübecks. „So produzieren wir 4.400 MWh Strom im Jahr. Damit könnten wir 2.200 Haushalte mit Strom versorgen“, berichtet Dr. Jan-Dirk Verwey.

Die EBL verarbeitet Bioabfälle aus mehreren Kommunen in Schleswig-Holstein. Aus all diesen Bioabfällen werden 18.000 Tonnen Biokompost. Damit werden ca. 900 Hektar Ackerfläche mit wertvollen Nährstoffen versehen und auf nitratreiche Dünger verzichtet werden. Das spart jährlich ca. 5.000 C02. Und der Bio-Kompost, den die Landwirte zum Düngen ihrer Felder benutzen, ist frei von Kunststoffen. Plastik, das sonst die Felder, auf denen unserer Nahrungsmittel wachsen, verunreinigen. Und das Beispiel macht bundesweit Schule: Waren es anfangs insgesamt sieben Unternehmen mit einer Vision, so sind es heute schon 80 Betriebe, die als eingetragener Verein wirfuerbio e.V. mit ihrer Art der Müllaufbereitung und einer öffentlichkeitswirksamen Kampagne zum wichtigen Thema Abfall den Klimaschutz aktiv unterstützen.

 

 

Text: Eike Birck

Fotos: Sarah Jonek

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