Agilität und Selbstorganisation im Vertrieb

(v.l.) Gastgeber und Geschäftsführer Jörg Rosenberger, Vorstandsmitglied Sabine Häring und Geschäftsführer von „Kundenzentriert“ Armin Hering freuen sich auf die Veranstaltung. Foto: Esther Baumann
25. November 2019
Jörg Rosenberger GmbH, Markgrafenstraße 3, 33602 Bielefeld

Das Ende alter Erfolgsmodelle?

(Bielefeld, 25. November 2019) Die Welt, die Märkte, alles verändert sich in rasantem Tempo. Bedeutet das auch den Abschied vom klassischen Vertrieb? Eine spannende Frage findet Vorstandsmitglied Sabine Häring, die die Mitglieder und Gäste des Marketing Clubs OWL Bielefeld in den schönen Räumlichkeiten von „Reden ist silber“ willkommen heißt.

Gleich zu Beginn der Veranstaltung stellt Gastgeber und Geschäftsführer Jörg Rosenberger die Frage, wer schon mal was von Agilität gehört hat und wer schon agile Methoden und Techniken in seiner Organisation nutzt bzw. in zwei Systemen lebt: eine Organisation, die sowohl agil ist als auch „hierarchisch“ arbeitet. Die Rückmeldungen aus dem Publikum waren sehr unterschiedlich. Viele haben schon davon gehört, manche nutzen agile Techniken, aber so ganz klar, was der Begriff bedeutet, ist es den meisten nicht.

Agilität definiert der Experte für wirksame Führung und Transformation als „die Fähigkeit einer Organisation, sich schnell und flexibel auf sich wandelnde Kundenwünsche einzustellen“. Und das sei dringend nötig, denn die Welt habe sich deutlich geändert durch Big Data (Digitalisierung), Geschwindigkeit, Disruption (Risiken für das bestehende Geschäftsmodell), Komplexität (Unvorhersehbares), Kunden- und Mitarbeiterzentrierung. Der Kunde nimmt zunehmend die Haltung ein, alles sofort haben zu wollen. Und auch die Mitarbeiter haben andere Ansprüche an ihr Arbeitsumfeld und stellen häufiger die Frage nach dem Sinn (purpose) ihres Tuns. Viele Organisationen reagieren zu langsam auf die Veränderungen im Markt oder bleiben bei der Entwicklung neuer Produkte hinter agileren Organisationen zurück. Klassische Projektarbeit scheitert oft an den komplexen Herausforderungen. Deshalb sind neue Werkzeuge gefragt, eine andere Form der Aufgabenteilung – und damit eine neue Unternehmenskultur mit einem neuen Mindset.

 

Schritt für Schritt

 

Agilität könnte ein Lösungsansatz sein. Agiles Vorgehen ist iterativ und denkt vom Kunden aus. In kleinen Schritten wird das Produkt entwickelt, mit dem Kunden abgestimmt, optimiert, Prototypen gebaut, erprobt, abgestimmt und so weiter, bis die Kundenanforderung erfüllt ist. Die angedeuteten Feedbackschleifen sind ein Schlüssel zum Erfolg. Das Silo-Denken – also die klassischen Abteilungen bestehend aus Produktentwicklung, Produktion, Marketing, Vertrieb, Controlling & Finanzen – wird aufgelöst. Agile Teams bestehen aus Mitarbeitern aus allen Bereichen – also crossfunktional über die Silos hinweg – arbeiten kundenzentriert End-to-End. In dieser Struktur, die in einem hohen Maß selbststeuernd – ausgestattet mit klar definierten Befugnissen – ist, braucht man für die Führungsarbeit einen Produkt-, einen Prozess- und einen People Manager. Zur Selbststeuerung der Teams gehört auch der Ansatz, Aufgaben nach dem Pull- und nicht nach dem Push-Prinzip aufzuteilen. „Letztlich sind drei Fragen entscheidend: Dient es der Wertschöpfung, dient es dem Kunden, dient es der Organisation?“, führt Jörg Rosenberger weiter aus.

 

Kundenzentrierter Vertrieb

 

Wie aber gestaltet sich agiles Arbeiten für den Vertrieb? Dieser Frage geht Armin Hering, Geschäftsführer von „Kundenzentriert“ nach, der selbst lange Jahre als „klassischer Vertriebler“ unterwegs war und nun bereits seit 20 Jahren Organisationen, Führungskräfte und Vertriebsmitarbeiter berät. Seiner Ansicht nach hat der Außendienst, wie er bisher arbeitete, ausgedient. „Die Customer Journey, die Kundenreise bis zur Kaufentscheidung, hat sich drastisch verändert. 70 Prozent der Entscheider im B2B-Bereich nutzen das Internet für Beschaffungsentscheidungen. Damit ist die Rolle des klassischen Außendienstlers als persönlicher Berater obsolet“, so der Experte für kundenzentrierten Vertrieb. Zumal, wenn 57 Prozent der Entscheidungsprozesse bereits vor der Kontaktaufnahme abgeschlossen sind. Hingegen ist die Win Rate mit Sales Enablement um 7 Prozent höher. Das heißt, wenn alle in einer Organisation den Vertrieb unterstützen, ist die Organisation erfolgreicher.

Als agile Prinzipien im Vertrieb nennt Armin Hering das kundenzentrierte Mindset (im Gegensatz zum Kampagnendenken und Push-Prinzip und die Customer Journey Map als zentrale Orientierung aller gemeinsamen Aktivitäten. Das bedeutet, dass Vertrieb, Marketing, Produktentwicklung ganz eng zusammenarbeiten. Um schnell reagieren zu können, braucht es flache Hierarchien und Entscheidungsbefugnisse. Insgesamt sollten kreatives Denken und Arbeiten ermöglicht werden. Den Mitarbeitern muss Methodenkompetenz (z. B. Design Thinking, Scrum etc.) vermittelt werden. Das Social Networking sollte keinesfalls dem Marketing allein überlassen werden. Insgesamt brauchen Unternehmen eine andere Führung: nämlich Leadership statt Management. Letztlich sollte aus dem Produktverkäufer bzw. Kundenbetreuer ein für den Kunden relevanter Gesprächspartner werden.

Die beiden Vorträge gaben reichlich Stoff für die anschließende lebhafte Fragerunde. Eine Chance, von der die Mitglieder und Gäste des Marketing Clubs gerne Gebrauch machten.

 

 

Text: Eike Birck

Fotos: Esther Baumann

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